WIE WÄRE ES, WENN ES EIN KLOSTER WÄR?

Was wäre wenn es ein Kloster wäre? Wenn wir die Zeit dieses Rückzuges als Initiation sehen würden.

In einigen Buddhistischen Ländern gehört es zum Erwachsenwerden dazu, dass junge Menschen für eine gewisse Zeit (zwischen 1 und 12 Monaten) in ein Kloster gehen. Sie unterwerfen sich dort den klösterlichen Regeln der Meditation, den Satsang, dem Schweigen und dem Betteln.

Auch die christliche Tradition kennt das. Zeitweilig für 1 bis 2 Wochen in ein Kloster oder in ein Exerzitienhaus zu gehen, um sich dort in Stille oder im Gebet, der Besinnung und dem Nachdenken hinzugeben. Es muss nicht immer die Beschäftigung mit Gott sein, sondern oftmals nimmt man ein noch schwierigeres Thema: die Beschäftigung mit sich selbst. Auch das Fasten ist ein wichtiger Teil dieses Rituals. In der evangelischen Kirche nennt man diese Zeit: „Rüstzeit“. Welch kluger Name.

Ich rebellierte als 15-jähriger Internatsschüler mal gegen die zwangsweisen Exerzitien im katholischen Internat, weswegen ich dann nach den Großen Ferien gar nicht mehr dorthin durfte. Ich wurde geschmissen.

Und was mach ich heute in den bisherigen 11 Tagen amtlich verordneter „häuslicher Quarantäne“? Jeden Tag Yoga und Meditation. Gut heute ist es frei von der Pflicht und frei vom Zwang zu einem bestimmten Gott zu beten. Ich such mir auch das schwierigere Thema: die Beschäftigung mit sich selber. Die Ergebnisse sind spannende Erkenntnisse, neue Kräfte und Ideen, teils Bestärkung der bisherigen Werte und vor allem neue Energie.

Übrigens auch viele indigene Völker, afrikanische und asiatische Kulturen, vermutlich auch unsere europäischen Vorfahren haben den positiven Sinn und den konstruktiven Nutzen dieser Zeit des Rückzuges und der Rückbesinnung gewusst und praktiziert. Rituale der Initiation. Mutproben. Die härteste Mutprobe: sich eine gewisse Zeit keine Ablenkung zu gönnen, sich mit sich selber beschäftigen. Innenschau halten.

Und zum Abschluss dann: Feiern! Irgend ein Ritual der Freude und des Feierns.

Kaum noch erkennbar sind heute als Rest noch sichtbar die katholische Firmung, die evangelische Konfirmation oder, im vergangenen Sozialismus, die Jugendweihe.

Aber bevor gefeiert wird: die Beschäftigung mit sich selber. Wie stand es am Eingang des Orakels von Delphi: „gnoti se auton“ – „erkenne Dich selbst“.

Angeblich konnte der Besucher auf der Rückseite des Portals die Fortführung des Satzes lesen:„…dann erkennst Du Gott“.

Also auf geht´s: wir sind im Kloster, in Exerzitien und wir freuen uns auf unser persönliches Ostern.

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